Recht auf Diskriminierung?

von Felix Menzel vom 2. Dezember 2020.

Der Deutschlandfunk hat kürzlich einen sehr despektierlichen Beitrag über Hannah Arendt eingestreut. Der Vorwurf: Die deutsch-jüdische Philosophin habe zwar den Rassismus in ihrem Hauptwerk „Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft“ gebrandmarkt und scharf verurteilt. Später, als sie in den USA lebte, pochte sie jedoch darauf, den Menschen ein „Recht auf Diskriminierung“ einzuräumen.

Arendt argumentierte, es müsse unbedingt Gleichheit vor dem Gesetz geben. Niemand dürfe aufgrund seiner Hautfarbe politisch-juristisch benachteiligt werden. Im Privatleben lägen die Dinge indes anders: Hier betonte sie die Freiheit eines jeden, die Unterscheidung zwischen „eigen“ und „fremd“ treffen zu dürfen; zumal diese Unterscheidung mehr emotional als rational ablaufen dürfte.

Für den zwangsgebührenfinanzierten Rundfunk des 21. Jahrhunderts sowie eine von unseren Steuergeldern finanzierte Kulturwissenschaftlerin, die noch keine einzige Zeile von Belang zustande gebracht hat, ist natürlich bereits das zu harter Tobak. Sie schwadronieren deshalb von „rassistischen Mustern“, „blinden Flecken“ und angeblich fehlenden Kenntnissen der Geschichte der Sklaverei.

Dabei hat Arendt eine recht banale, nichtsdestotrotz richtige und nachvollziehbare These aufgestellt: Der Staat ist zu Neutralität verpflichtet, der Bürger aber nicht. Ihm in letzter Konsequenz seine Gefühle vorschreiben zu wollen, missachtet die Errungenschaften der Aufklärung, denn jedes Individuum darf selbst denken, auch wenn dabei die Vernunft zu kurz kommen sollte.

Ebenfalls mit Rassismus-Vorwürfen beschäftigen musste sich dieser Tage der Komiker Dieter Nuhr. Er hatte es gewagt, das zivilreligiöse Dogma, wonach grundsätzlich nur Schwarze Opfer von Rassismus werden können, zu hinterfragen. Nuhr entgegnet darauf, wenn ein Weißer in Bolivien aufgrund seiner Hautfarbe geschlagen werde, handle es sich selbstverständlich auch um Rassismus.

Der Tagesspiegel macht daraus nun gleich eine „Rassismustheorie“ und schiebt Nuhr in die Nähe der „Rechtskonservativen“, die gegen die Cancel Culture protestierten. Richtig daran ist, daß er die linke „Oberhoheit über politische Begriffe“ satthat. Ihn aber bei den Konservativen einzusortieren, verrät lediglich die Unkenntnis seiner Bücher.

Nuhr ist durch und durch ein Liberaler, der generell misstrauisch ist gegenüber allen Versuchen, kollektive Identitäten zu konstruieren. Das gilt für Religionen. Das gilt für Nationen. Das gilt aber auch für die ideologischen Glaubensgemeinschaften der Bessermenschen, die zur Verteidigung ihres Sprachregimes wild um sich schlagen und alle Feinde in einen Topf schmeißen. Ein Komiker, der Rassismus als „kein ausschließlich weißes Phänomen“ betrachtet, steht dann direkt neben Personen, die mehr oder weniger offen einer weltfremden Reinheitsutopie anhängen.

Statt hier alle undifferenziert in Schutz zu nehmen, sollte man sich nicht scheuen, laut auszusprechen, daß die politische Rechte viel zu häufig tatsächlich rassistische Gedanken verbreitet. Die ekelhaften und aus dem Zusammenhang gerissenen Angriffe auf Michael Klonovsky fallen in diese Kategorie. Er hatte in einem Interview den Wunsch geäußert, die AfD könne ruhig etwas „multiethnischer“ werden.

Nationalistische Kritiker seiner Direktkandidatur für den Bundestag stempelten ihn deshalb als Befürworter der unkontrollierten Masseneinwanderung ab. In seinem Tagebuch stellte Klonovsky daraufhin klar, Migrationen erzeugten „kaum Probleme“, solange sie sich „tröpfchenweise“ vollziehen. Deshalb seien „diejenigen Einwanderer, die Deutschland als Heimat angenommen haben“, vielfach „bessere Verbündete als etwa die Grünen“. In den USA sei dieses Phänomen ebenfalls zu beobachten.

Selbst wenn sich Klonovsky mit dieser wahltaktischen Einschätzung irren sollte, ist es abstoßend, ihn mit einem Videoschnipsel zu denunzieren und hinterherzuschieben, ein weiterer „Marktradikaler“ müsse unter allen Umständen verhindert werden. Wer so vorgeht und immer vorne mit dabei ist, wenn Kampagnen gegen die eigenen Leute gefahren werden, offenbart eine gesinnungsethische Engstirnigkeit, die wir besser den Linken überlassen sollten.

Michael Klonovsky: Im Ernstfall gibt es keine Konstrukte.

„Lassen wir uns unsere Alltagserfahrungen nicht ausreden, und stellen wir uns der Herrschaft der gutgemeinten Lügen entgegen. Lassen wir die Völker und ihre Eigenarten, lassen wir die Flüsse hochleben. Der Weg zum Ozean ist noch unabsehbar weit. Vive la différence!

Ein Gedanke zu “Recht auf Diskriminierung?

  1. Menzel ist Liberaler. Ein liberaler Publizist der sich eine liberale Intellektuelle zur Kronzeugin gemacht hat. PHILOSOPHIN war Arendt jedoch nicht. Liebe Liberale, bleibt unter euch und macht bitte recht wenig krach.

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