»Empörend, altmodisch und doch unglaublich modern«

Vom 13. Juli 2016.

Unter dieser Schlagzeile erinnerte anläßlich dessen 50.Todestags am 14. April Gerhard Schwarz in der Neuen Zürcher Zeitung an unseren Autor. Wilhelm Röpke war der Kopf der Freiburger Schule, einer sehr deutschen Spielart des Liberalismus, der in den ersten Nachkriegsjahrzehnten keine rein akademische Veranstaltung war, sondern mit seinem Beitrag zur Konzeption einer »Sozialen Marktwirtschaft« einflußreich und mit praktisch-politischen Erfolgen gesegnet. Ab den 60er Jahren nahmen die Freiburger die weitere Entwicklung allerdings als ein heranbrechendes Desaster in den Blick und warnten vor einem Entgleisen sowohl des Sozialstaates als auch der Europäischen Gemeinschaft. Die Freiburger Schule oder die Ordo-Liberalen betonten immer, daß ein gemeinwohlorientierter Ordnungsrahmen nötig sei, um zu verhindern, daß die Wirtschaft, einem stets vorhandenen Antrieb folgend, sich vom Mittel in einen Zweck umdefiniere. Das ist mittlerweile geschehen, denn es geht politökonomisch nirgendwo mehr um die Lebensdienlichkeit der Wirtschaft, sondern nur noch um die Wirtschaftsdienlichkeit des Lebens, das dabei freilich zu einer Art endlosen Windhundrennens wird, an dem weniger das Tempo als vielmehr seine völlige Ziellosigkeit bedrückend ist.

Der charakterlich, weltanschaulich (und physiognomisch) sehr »eckige« Wilhelm Röpke stieß in seinen späten Jahren immer irgendwo an – meist mit Karacho: zum Beispiel in den 60er Jahren mit skeptischen Seitenhieben auf eine überstürzte Dekolonisierung Afrikas, wofür er heute freilich sogar Zuspruch von afrikanischen Intellektuellen (wie dem Kameruner Filmregisseur Jean-Pierre Bekolo) erhält. Auch das Wahlrecht für Frauen fand seine Billigung wegen der zu erwartenden Übermoralisierung der Politik nicht.Gerhard Schwarz jedenfalls meint, daß Röpke »in einigen Jahren als unglaublich modern gelten werde«. Wir meinen: So lange dauert das nicht mehr.

Bild Wilhelm Röpke: © Mises Institute


Wilhelm Röpke: Marktwirtschaft ist nicht genug

Die Freiburger Schule um Röpke und Rüstow schlug in den 50er Jahren die Brücke zum älteren deutschen Wirtschaftsdenken der Roscher, Schmoller und Sombart. Sie war damals schon „Opposition“ – die sich wandte gegen die Emanzipation des Ökonomischen zum Selbstzweck auf der einen und gegen eine Sozialpolitik als Krippenfütterung auf der anderen Seite „mit noch mehr Sozialversicherung, noch mehr Sozialbürokratie, noch mehr Beiträgen und noch mehr Konzentration von Macht und Verantwortung in den Händen des alles erfassenden, regulierenden und kontrollierenden Sozialstaates“ – mit dem einzig sicheren Ergebnis einer ständigen Problemverschärfung durch die Zerstörung des Mittelstandes und die Ausdehnung des Teils der Bevölkerung, der heute euphemistisch „Prekariat“ genannt wird.

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