Mohren, Manien und Dummheiten

Vom 25. Januar 2018.

Nun hat es auch den Mohren erwischt. Er folgt den Zigeunern, Fräuleins und Negern ins Sperrgebiet der zensierten Tabu-Wörter. Wie unser Lieblingsblatt, die Frankfurter Rundschau, zufrieden berichtet, wurden zwei Frankfurter Apotheken, die seit anno dazumal den „Mohr“ im Namen führten, genötigt, diesen auszumerzen. Die eine hat sich bereits gefügt. Der drohende Rassismus-Vorwurf wog offenbar zu schwer. Doch bevor uns aus lauter Verbitterung über derlei Sprachinquisition die Sarotti-Schokolade nicht mehr schmeckt, blättern wir nach bei einem wahren Freund der Stadt Frankfurt und lesen:

Ich bin weitläufig gewesen und habe geschulmeistert, wozu ich wahrlich mich nicht hergegeben haben würde, wenn nicht die deutsche Sprache bedroht wäre: an nichts in Deutschland nehme ich größern Antheil, als an ihr: sie ist der einzige entschiedene Vorzug der Deutschen vor andern Nationen, und ist, wie ihre Schwestern, die Schwedische und Dänische, ein Dialekt der Gothischen Sprache, welche, wie die Griechische und Lateinische, unmittelbar aus dem Sanskrit stammt. Eine solche Sprache auf das Muthwilligste und Hirnloseste mißhandeln und dilapidiren zu sehen von unwissenden Sudlern, Lohnschreibern, Buchhändlersöldlingen, Zeitungsberichtlern und dem ganzen Gelichter des Federviehs, ist mehr, als ich schweigend ertragen konnte und durfte. Will die Nation nicht auf meine Stimme hören, sondern der Auktorität und Praxis der eben Angeführten folgen, so ist sie ihrer Sprache nicht würdig gewesen.

Das stammt aus der Feder Arthur Schopenhauers bzw. aus dessen handschriftlichem Nachlaß und wurde 1892 zuerst veröffentlicht. Nachgedruckt findet es sich in unten genanntem erquicklichen Buch. Mehr als 125 Jahre sind, wenn wir seine Worte lesen, wie in einem Atemzug vergangen. Nichts hat sich geändert, nur ins Groteske verschärft. Die Manie der Sprachbesudler ist immer noch die gleiche, und zu dieser sagte Schopenhauer:

Ich wollte, ich könnte sagen, es wäre Manie: denn Manie ist oft heilbar: ich fürchte aber, es ist eine unheilbare Krankheit, und ihr Name ist Dummheit.

Aktualisierung, 6. 2. 2018: Zwar nicht in Frankfurt selbst, doch im 30 Kilometer entfernten Friedberg beharrt eine andere „Mohren“-Apotheke auf ihrem Namen und will ihn sich von moralisierenden Rassismus-Versessenen nicht ausreden lassen. Sie hat dazu sogar eine Online-Petition gestartet, auf der die Solidaritäts-Bekundungen nach wenigen Stunden in die Hunderte gehen.


Arthur Schopenhauer: Aber die Sprache lasst unbesudelt

Hier zieht der sprachmächtigste deutsche Philosoph, Arthur Schopenhauer, gegen den „eselsöhrigen Jetztzeit-Jargon“ vom Leder, und das ist ein Poltern und Grollen, daß einem die Ohren rot werden, abwechselnd vor Scham und vor Schadenfreude (und man mag sich gar nicht vorstellen, was abginge, wenn Schopenhauer verurteilt würde, sich heute für einen kurzen Tag unter das journalistische und nichtjournalistische Sprachvolk zu mischen).

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