Häscher und Schleiertänzer

von Felix Menzel vom 7. Februar 2017.

Reaktionen auf einen Aufsatz von Lothar Fritze

Den Studenten an deutschen Universitäten, besonders jenen der Geisteswissenschaften, eilt nicht der beste Ruf voraus: »faul, dumm, ignorant«, in diesen Dreiklang mündet nicht selten das über sie gefällte Urteil. Damit tut man selbstverständlich vielen Studenten, pardon, »Studierenden« unrecht, anscheinend besonders denjenigen, die an der Technischen Universität zu Chemnitz, ehedem Karl-Marx-Stadt, ihre Studien treiben.

Dort lesen manche Studierende die Texte ihrer Dozenten sehr aufmerksam, sogar auch solche, die nicht unmittelbar mit der Tätigkeit ihrer Lehrbeauftragten zusammenhängen. Der studentische Ehrgeiz begnügt sich jedoch nicht mit sinnentnehmendem Lesen und intellektuellem Nachvollzug der Thesen, am Ende muß auch noch ein moralisches Urteil stehen. Anlaß war der Artikel »Der böse, gute Wille« unseres Autors Lothar Fritze, der als außerplanmäßiger Professor an der TU Chemnitz lehrt. Der Text basiert auf seinem gleichnamigen Buch und erschien am 06. Januar in der Sächsischen Zeitung. Fritzes Artikel vertritt u.a. die These, daß sich Anhänger der Willkommenskultur, die vor allem in der politisch-medialen-Klasse zu verorten sind, und Kritiker der Einwanderungspolitik unversöhnlich gegenüber stehen. Was nicht zuletzt daran liegt, daß die Toleranz der Einwanderungsbefürworter recht schnell dort endet, wo kritische Stimmen laut werden. Die immer bereite Empörungslust angesichts abtrünniger Äußerungen geht Hand in Hand mit der Ignoranz gegenüber den Problemen, die mit der Einwanderung auftreten.

Die Reaktionen auf Lothar Fritzes Aufsatz bekräftigen die Thesen des Autors. Die Entrüstung ist groß und sie erstickt die Debatte. Der Studentenrat der TU bringt die Thesen des Artikels mit den größten Übeln der Neuzeit in Verbindung: »Pegida«, »Neue Rechte« etc. pp. und fordert den Kopf des Dozenten: »Wir empfinden eine solche Person an der TU Chemnitz als untragbar – so jemand darf hier nicht lehren.«

Die TU Chemnitz verhält sich zu der Sache auf ganz eigene Weise. Nach Art eines bürokratischen Schleiertanzes löscht sie Lothar Fritze von ihrer Internetseite, erklärt diesen Schritt jedoch nicht mit dem Inhalt des Artikels, sondern führt rein administrative Gründe ins Feld. So sei Lothar Fritze vom Antlitz der Webseite getilgt worden (früher: damnatio memoria), weil er seit längerem nicht mehr an der TU Chemnitz gelehrt habe. Manuscriptum gegenüber versicherte Lothar Fritze jedoch, daß er auch in Zukunft von seinem Recht zu lehren Gebrauch machen werde. Man darf also gespannt sein, ob die Universität am Ende nicht doch noch Farbe bekennen muß …


Lothar Fritze: Der böse gute Wille

Mit den Grenzöffnungen für Migranten beheben die Anhänger des moralischen Universalismus nicht etwa eine humanitäre Katastrophe. Vielmehr verstärken sie diese mit ihren moralinvollen Willkommensgesten. Insbesondere dem deutschen Umgang mit der Migrationskrise attestiert Lothar Fritze eine »Dialektik des guten Willens« mit verhängnisvollen Nebenfolgen. Eine solche Dialektik führt — im Namen globaler Verantwortung — zu praktischer Verantwortungslosigkeit. Die Kriegsgebiete werden nicht befriedet, und die Länder, die sich als Fluchtziel anbieten, importieren mit den Migranten auch die Konflikte aus deren Heimat.

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