Vom kalten Monster

von Frank Sämmer vom 18. Januar 2022.

„Elchreiter“ von Frank Sämmer, 2001, Buntstift / Papier, 14 x 39 cm

Kann meine kleine Fehde gegen das kälteste aller Monster durch eine Verschärfung der metaphysischen Ein – und Aussichten überhaupt noch an Glaubwürdigkeit gewinnen?
Ist es nicht vielmehr so, dass meine Argumente, wie alle Rede, die zur Zeit aufzubieten ist, gegen die selbstgerechte Staatsgewalt und den bösen Kult ihrer totalitären Regierung täglich aufs Neue von unbeschreiblichen, fortschreitenden Narrativen ohne jede Evidenz ad absurdum geführt und immer wieder vom unerhörten Drang entgleisender Ereignisse überholt werden?
Soll ich angesichts eines scheinbar unabänderlichen Zeitenlaufs permanenter Revolution von oben  überhaupt noch der „Maikäfer“ gegen die kriminellen Pharisäer der Obrigkeit bleiben?
Oder wenigstens der große „Dude“, vielleicht der „Stranger“, die glauben, mit treffenden Anspielungen in den Alptraum unseres ohnehin vermüllten Lebens nochmals eine Schneise des weitschweifigen Abscheus schlagen zu müssen?
Reichen Worte und Bilder zur Beschreibung und Anklage eines noch nie dagewesenen und bislang wohl unvorstellbaren Volkskriegs überhaupt noch aus?
Sonst bleibt nur noch stummer Jammer.

Also bereite ich mich jetzt, so gut ich kann, auf immer enger werdende Lebensbedingungen durch die öffentlichen Widersacher in der hereinbrechenden Menschheitsdämmerung vor.
Und auf das strafbewehrte Verbot meiner ursprünglichen kulturellen deutschen Identität und des heimatlichen Seins, den Verrat von Volk und Vaterland und seiner überlieferten Rechte, die Bedrohung meiner körperlichen Unversehrtheit und des freien und geheimsten Denkens. 
Ja, wo bleibt da die Stimme der Glaubensverwalter? Ihr heiliger Beistand, ihr Gebet, als die noch einzig verbleibende intelligente Tat? Was sagt noch der Verräterpapst des vormals größten Guten, Wahren und Schönen, geschrumpft zum modernen Weltfürst globaler Liegenschaften und toter Seelen? Ein Franziskus, der weder Tier noch Mensch umarmt. Nur noch ein gespritzter Mutant mit dem Code der Beliebigkeit. Ein Schattenmann der Apokalypse in Zuckerbergs Metaverse, dem virtuellen Gulag neuer illusionärer Realität, der an die Stelle unseres wahrhaft richtigen Lebens treten soll.

Alles vorläufig letzte Überlegungen gerade noch vorhandener Kenntnis und Gewissheit vor der endgültigen Dekonstruktion des Tatsächlichen und unserer natürlichen, gottgegebenen Lebensumstände darin, bevor wir zum Ding genetischer Neuschöpfung gemacht werden, ohne Selbst, als Eigentum patentgebender Oligarchen zu ihrem alleinigen Nutzen. Versuchstiere im Labor zweifelsfreier Neurowissenschaftler und Genfantasten – als Stoff eugenischer Geschäftsmodelle kontrollierter Normalität. So werden wir uns schließlich nicht mehr selbst gehören.
Ob ich diesen größten aller Kriege gegen Leib, Leben, Luft, Licht und den magischen Atem unseres Heldengeschlechts noch überleben werde, ist fraglich.
Mir bleibt da nur geringe Hoffnung, mich abermals mit dem Zufall und der Überraschung ins Vernehmen setzen zu können, um vielleicht noch eine unabsehbare Wende zu erleben, und so dem Einfluss des zeitgeistigen Fusels zu entkommen, wie ich es früher gelegentlich und mit gewissem Trost für mich einrichten konnte.
Die nummerierten Wegelagerer der Obrigkeit schleichen schon um mein Haus, die Presstrupps mit der Genspritze spionieren um die Ecke. Die Konzentrationslager und Hygienehotels für alle Unbotmäßigen sind errichtet: die Staatskritiker, die Maßnahmenzweifler, die Selbstdenker, die letzten Freiherren und Waldläufer.

Vermutlich werden sich jetzt alle Spuren unserer bekannten Lebensumstände verlieren.
Wo können wir noch bleiben?  Die Zeichen stehen auf Wanderschaft und Abschied.
Etwas Besseres als den Tod findet man überall, sprach das alte Märchen, aber heute lauert er auch dort.
Des ungeachtet will ich vorher noch meine Fensterpflanzen gießen. Besonders ein kleines Steingewächs darf ich nicht vergessen. Es strahlt mir immer zu mit seinen kranzförmig angeordneten Blättern, wenn ich in den Garten schaue. Und es spricht gelegentlich mit mir.
Ein richtiger kleiner lebendiger Kobold.

Heute Morgen hat die Alraune wieder mit mir geplaudert und zur scheinbar verlorenen Sache gemeint, es könne gleichwohl sinnvoll sein, wenn man sich mit dem immer nachwachsenden Optimismus der Pflanzenwelt in den Schutz hinter das Rankenwerk seiner atemspendenden Verwandten begeben wollte. Von dort könne man dann möglicherweise aus dem Schatten des Holunderbusches, verborgen zwischen Baum und Borke, ruhig, geduldig und wie die Blüten der Nachtkerze zu den Sternen blickend mit dem Funk der leisesten Verschwörung doch die schlimmen Mondkälber mit ihren Raubrittern gegen den blauen Planeten und sein natürliches Leben aus dem besudelten Nachthimmel stürzen und die ISS, die Kontrolldrohne der Weltpolizei, gleich dazu.

Damit würden die webenden Empörer, die wegen Denkvergehen, phantasievoller Rede und Bedeutungsbildern gesinnungspolizeilich Gesuchten, als Teil floraler Ornamente verborgen bleiben. Und wie die Blumen und Gräser sich mit den Tieren der Sternbilder verbünden, die an der großen Milchstraße wohnen, sollten sie doch mit dem Sturmfritz und dem Donnerkerl als vertraute Kumpane den Spiegelschein vor dem mächtigen Wolkenschloss der Weltenfeinde wegfegen und so die mörderischen Zauberer gegen die belebte und unbelebte Erdennatur mit der Waffe blumenreicher Sprache und Gestaltung an die ursprüngliche Sinnhaftigkeit des Weltgeschehens erinnern und kräftig in den Hintern treten.
Also sprach das Blümchen leise hin.

Januar 2022

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