Blindflug

von James Howard Kunstler vom 27. Januar 2021.

Auf dem Fahrersitz haben derzeit sich Ereignisse platziert, keine Persönlichkeiten. Gil Scott-Heron hatte damals Recht, als er sagte: „Die Revolution wird nicht im Fernsehen übertragen.“ Allerdings entpuppt sich das, was er „Revolution“ nannte, heute als Zusammenbruch, orchestriert vom zerfallenden Nachrichtengeschäft, so dass die Menschen in diesem Land blind in einen Strudel der Not geraten. Es geht gerade alles den Bach runter, nur Sie wissen es womöglich noch nicht.

Wenn Sie glauben, wir nähern uns einem transhumanen Nirvana aus technisch unterstützten Langzeitorgasmen, sozialer Gerechtigkeit und garantiertem Grundeinkommen, werden Sie eine Enttäuschung erleben. Was uns bevorsteht, ist eine neo-mittelalterliche Auszeit von all dem Techno-Pomp der letzten Jahrzehnte. Das mag nicht so schlimm sein, wie Sie nun vielleicht denken. Das Projekt Menschheit wird wahrscheinlich noch länger auf einem niederen Niveau fortgesetzt, allerdings ohne die meisten Annehmlichkeiten, die wir bisher gewohnt waren und mit sehr unterschiedlichen sozialen Gewichtungen. Sie können nun Ihre Energie damit verschwenden, die Hände zu ringen und zu jammern, oder aber Ihren Mut zusammennehmen und dorthin gehen, wohin uns die Geschichte führt, und aus all dem das Beste machen.

Die alte Wirtschaft ist zerstört. Viele Amerikaner wissen es bereits, da sie ihre Geschäfte und ihren Lebensunterhalt verloren haben. Was es früher einmal gab, kommt nicht mehr wieder. Aber es wird immer Möglichkeiten geben, sich nützlich zu machen, um Dinge und Dienstleistungen anzubieten, die andere Menschen brauchen, jedoch nicht innerhalb des bröckelnden Skeletts einer Wirtschaft, wie wir sie gerade zurücklassen. Es werden noch viele Trümmer übrig sein, die beiseite geräumt werden müssen, insbesondere der ganze Mist, den wir in unsere Landschaft gesetzt haben.

Ein Geschäft, in das Sie nun schon einsteigen könnten, ist eine Bergungsindustrie, in der die wiederverwendbaren Komponenten all dieses Mülls aussortiert werden – die Stahlträger, die Aluminiumbinder und -flügel, Flachglas, Betonblöcke, Kupfer- und PVC-Rohre sowie auf Fläche geschnittenes Holz. Viele dieser Dinge werden wir einfach nicht mehr herstellen, schon gar nicht im früheren Maßstab. Denken Sie nur an die Bestandteile all der Einkaufszentren, die ihrer Zerlegung harren.

Der Anbau und die Vermarktung von Lebensmitteln wird das Wichtigste werden. Der arme Bill Gates, verwirrt von seinem Vermögen, hat etwa eine Viertelmillion Morgen Ackerland aufgekauft. Seine Grandezza lässt ihn glauben, dass er die Landwirtschaft im großen Stil organisieren könne – als eine Art Walmart für Mais und Rüben. Nichts könnte weiter vom eigentlichen Trend entfernt sein: der geht in Richtung einer Verkleinerung der gesamten Landwirtschaft und der Versorgungskanäle, die von ihnen bedient werden. Der arme Bill scheint nicht zu begreifen, dass die auf Öl und Gas basierenden „Inputs“ (Düngemittel, Pestizide) nicht länger für ihn da sein werden, und auch keine millionenschweren dieselbetriebenen Mähdrescher. Oder die Transport-Industrie. Er könnte Besseres für die Menschheit tun, wenn er auf das Maultier-Business umsattelte. (Wird er aber nicht, es ist nicht effekthascherisch genug.)

Der Übergang von dem alten riesigen Agrar-Business-Modell der Landwirtschaft zu dem neu entstehenden System kleiner landwirtschaftlicher Betriebe, die auf nur menschlicher und tierischer Arbeit beruhen, wird in der Anfangszeit mühsam und ungeordnet sein. Ziemlich viele Leute werden auf ziemlich viele Mahlzeiten verzichten müssen, und Sie wissen, was das bedeutet. Auf einem Bauernhof zu arbeiten, wird eine wichtige Möglichkeit werden, um sicherzustellen, dass Sie genug zu essen bekommen. Denken Sie aber auch an alle Unternehmen, die auf lokaler Ebene von Grund auf neu gegründet werden müssen, um die landwirtschaftliche Logistik zu bedienen. In den Supermärkten sind bereits heute viele Lebensmittel nicht verfügbar. Das wird in dem anstehenden Chaos von 2021 noch offensichtlicher werden. Wenn die Lebensmittellieferungen in die Supermärkte wirklich einbrechen, wird seitens der Erzeuger nicht mehr nur über Lattes und Mandelcroissants palavert werden.

Denen, die vielleicht nicht aufgepasst haben, muß gesagt werden, daß Covid-19 die Überreste des Bildungswesens zerstört hat, insbesondere das öffentliche Schulsystem. Es lag aber bereits im Sterben und wartete nur auf den letzten Einschlag, war schon reduziert auf Lehrer-Jobs für Rentner. In Zukunft wird das Geld nicht mehr da sein, um diese riesigen zentralisierten Schulen und ihre gelben Busse zu betreiben (während die Renten gezahlt werden). Das Virus hat genau die Art von Home-Schooling-Herden-System (mit der Zusammenlegung mehrerer Familien) losgetreten, das für jene, die es beibehalten wollen, in kleine Schulen umstrukturiert werden kann. Die anderen, die es nicht wollen, können fortan ihren Zukunftsweg beschreiten, ohne lesen oder rechnen zu können. Wir werden endlich einen guten Test bekommen für die Hypothese des Edlen Wilden. Was die Hochschulen und Universitäten betrifft, so sind ihre Geschäftsmodelle hinüber. Man wird sie herunterfahren und schließen, so weit das Auge reicht. Was von ihnen übrig bleibt, wird eher Mädchenpensionaten für neo-mittelalterliche Herrchen und Dämchen ähneln – Ach, und übrigens wird die Unterscheidung zwischen Männern und Frauen wieder in ihr altes Recht gesetzt werden. Warum? Weil die Realität es fordert. Für ehemalige Professoren der Intersektionalität wird es jede Menge Arbeit auf den Getreidefeldern geben.

Ein zentrales Thema meines Buchs The Long Emergency ist, dass die Regierung mit zunehmender Verschärfung unserer vielfältigen Krisen zunehmend machtlos und ineffektiv wird. Ist Joe Biden in diesem Schauspiel nicht die perfekte Marionette. In seiner ersten Bürowoche konzentriert er sich auf Gesetzesänderungen zugunsten von Transsexuellen, also etwa 0,42 Prozent der Bevölkerung. Wenn der Applaus erstmal nachlässt, wird er sich auf nichts stützen können, um die Leute dahingehend zu orientieren, was sie nun tun und wohin sie gehen müssen.

In der Zwischenzeit erhalten wir einen spannenden Schauprozess: Donald Trumps Amtsenthebung im Senat. Keine gute Idee. Mr. Trump würde sich natürlich verteidigen können. Was ist, wenn seine Anwälte solide Beweise dafür vorlegen, dass der Übergriff auf das Kapitol tatsächlich von Antifa- und BLM-Kadern eingeleitet wurde? Könnte passieren. Und was wäre, wenn die Demokratische Partei ihnen bei der Organisation der ganzen Sache assistiert hätte? Welche Daten mögen sich wohl auf Nancy Pelosis stibitztem Laptop befinden?

Präsident Joe B. ist möglicherweise schon in einem Monat nicht mehr im Amt. Richterin Amy Coney Barrett wird in Kürze über die Klage gegen den Bundesstaat Wisconsin entscheiden, weil dieser bei der Änderung seiner Abstimmungsregeln gesetzliche Hürden umgangen hatte. Im Gegensatz zu so vielen anderen Fällen, die aus verfahrensrechtlichen Gründen abgewiesen wurden, besteht diesmal eine ziemlich gute Chance, dass die Klage durchkommt, und das Ergebnis könnte dazu führen, dass die US-Wahl vom letzten November für nichtig erklärt wird und Joe Biden wieder gehen darf. Das würde dann eine ganz neue politische Krise auslösen, zusätzlich zum Niedergang der Wirtschaft. Weder für die eine noch das andere gibt es Gebrauchsanleitungen.

Aus dem Englischen von Stefan Flach.

Wir danken James Howard Kunstler für die Genehmigung zur Veröffentlichung. Hier geht es zum Originalbeitrag.

2 Gedanken zu “Blindflug

  1. Hallo,

    ich bin dieses ständige Gejammer, bei dem den Deutschen ihr Wahlverhalten vorgeworfen wird, leid. Es ist einfach falsch! Dem liegt ein grundsätzliches Unverständnis zugrunde, was Demokratie eigentlich bedeutet und wie menschliche Gesellschaften zu allen Zeiten prinzipiell aufgebaut sind.
    Man könnte es auch schärfer formulieren: Demokratie, wie sie einem in der Schule beigebracht wird, ist ein völliges Ding der Unmöglichkeit. Sie widerspricht dem Aufbau der Schöpfung in jeder Hinsicht und kann folglich auch nie entstehen. Es hat sie historisch nie gegeben, es gibt sie im Augenblick nicht und es wird sie auch künftig nie geben. Demokratie ist die Illusion, die dem Volk von derzeit Herrschenden vorgegeben wird. Damit bewegt sie sich völlig in der von mir beschriebenen Strukturierung „von oben herab“. Während in der Kulturepoche indes die Form monarchischer Souveränität herabgespiegelt wurde, so daß jeder innerhalb der Hierarchie an seiner Stelle in seinem Wirkungskreis souverän war, so daß maximale Freiheit herrschte, wird heute von oben herab das Bild einer Strukturierung von unten herauf vorgespiegelt, die tatsächlich zu maximaler Unfreiheit führt. Die Menschen treffen scheinbar Entscheidungen, die tatsächlich gar nicht die ihren sind.

    Die Verhältnisse werden sich in dem Augenblick ändern, an dem eine andere Kraft an die Spitze tritt, die ein grundsätzlich anderes Ordnungsprinzip vertritt. Dann werden sich innerhalb kurzer Zeit die Ansichten der Mehrheit ändern, weil die Masse auf einen anderen Angelpunkt ihres Daseins orientiert ist.
    Dem muß zwangsläufig ein Zusammenbruch der demokratischen (Anti-)Ordnung aus sich selbst heraus vorangehen, welcher die neue Herrschaftsform durch einen finalen Akt der Gewalt lediglich den letzten Sargnagel einschlägt. Dann werden wie immer Köpfe rollen.
    Die AfD ist nicht diese Kraft! Sie ist bestenfalls ein Symptom, welches das allmähliche Scheitern der noch herrschenden Ordnung anzeigt, indem (noch) im Gewande demokratischer Gepflogenheiten vormals geächtetes wieder erscheint. Im Untergrund verschieben sich Gewichte, was die Statik des Systems unter Scherkräfte setzt. Der Druck, der alles zusammenbrechen läßt, kann und wird wohl aus ganz anderer Richtung kommen.

    Das Volk hat hierbei wie bei jedem anderen Ereignis der Geschichte nichts zu bestimmen. Es ist auch nicht an seinem Schicksal schuld. Schuld setzt ein selbstbewußtes Wesen voraus, einen Intellekt, der zu eigener Entscheidung fähig ist, was auf Völker nicht zutrifft, aber auf ihre jeweiligen Führungen.
    Das Volk ist passiv, es kann sich nicht selbst schützen und muß daher durch eine starke Führung beschützt werden, die Formprinzipien vorgibt, welche das einzelne Volksmitglied im Sinne einer „Hilfe zur Selbsthilfe“ durch Vorbild und Erziehung in die Lage versetzen, sich im Rahmen seiner Möglichkeiten und im Bewußtsein, durch starke, über einen wachende Institutionen (Heer, Polizei, Gerichtsbarkeit usw.) Rückendeckung zu haben, selbst zu helfen.

    Die armen Deutschen aber sind einem feindlichen System, das ihre restlose Vernichtung will, völlig schutzlos und ohne eigene Schuld (!!!) ausgeliefert. Zugleich stützen sie diese Ordnung aufgrund ihrer instinktiven, unbewußten Eigenheit als Volk. „Stützen“ ist hier nicht als aktive Entscheidung zu verstehen, sondern wie ein Fachwerk passiv ein Gebäude aufrecht erhält, dessen Kern es zugleich ausmacht. Sie können gar nicht anders, weil sie so gewachsen sind! Das macht die Vorzüge und das Potential dieses Volkes aus. Solange die Deutschen ihren Staat stützen, was immer es auch für einer sei, sind sie noch vorhanden. Man laste ihnen aber nicht die Verkommenheit der Führung an!

    Nachsatz: Natürlich werden die obigen Ausführungen von vielen nicht verstanden werden, selbst wenn sie den Eindruck haben, sie verstanden zu haben. Dafür sind die demokratischen Fiktionen, daß sich das Volk durch freie Wahlen selbst eine Regierung gäbe, die seinen Willen repräsentiert, einfach zu stark. Ein Trugschluß liegt bereits in dem Glauben, daß das Volk überhaupt einen Willen habe.

    Gruß

    Heinrich

    1. Vielen Dank für diesen treffsicheren Kommentar. Ich bin mir sicher dass fast alle Völker dieser Erde in vielerlei Hinsicht nicht allzu viel besser als unser Volk aufgestellt sind. Aufgrund unserer Geschichte und der üblichen Betrachtung dieser wurden wir zu einem“vermeintlichen Denken“ AUSgebildet, welches ein perfektes gefangensein in der Scheindemokratie beinhaltet. Die Chancen aus dieser Fehlinterpretation zu Erwachen standen noch nie besser, allerdings ist dieser Prozess ohne spirituelle Anbindung kaum zu ertragen. Allen die sich trotzdem auf dem Weg machen wünsche ich einen guten Neustart in ein Goldenes Zeitalter in dessen schmerzhaften Geburtsstunde wir uns zur Zeit befinden.

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