Wie real ist der „Geburten-Dschihad“?

von Valerio Benedetti vom 14. Januar 2020.

Wer in Deutschland vom „Geburten-Dschihad“ (Gottfried Curio) spricht, ist für die unfehlbare Medienelite unseres Landes sofort ein „freischaffender Fundamentalist“ (Welt). Da hilft es auch nicht darauf hinzuweisen, daß Thilo Sarrazin diese „feindliche Übernahme“ auf 450 Seiten detailliert nachgezeichnet hat.

Tatsächlich ist es nur eine Frage der eigenen mathematischen Fähigkeiten, das baldige Kippen der Mehrheitsverhältnisse zu erkennen. Man beachte dazu nur den Migrantenanteil an Grundschulen. Er liegt schon heute laut Mediendienst Integration bei 37 Prozent. Selbst wenn sich die Geburtenraten von einheimischen und ausländischen bzw. christlichen und islamischen Familien langsam annähern sollten, tickt die Uhr also unaufhörlich. Daniel Thym vom Sachverständigenrat Migration (SVR), der vom Bundesinnenministerium gefördert wird, bestätigt dies ausdrücklich. Auch bei einer „Nullzuwanderung“, würde „der Migrationsanteil zunehmen“.

Bei der demographischen Entwicklung von Religionsangehörigen im globalen Maßstab sieht es nicht besser aus: Dem Pew-Institut aus Washington zufolge bekommen Frauen aus islamischen Ländern derzeit im Durchschnitt 3,1 Kinder. Die Umma dürfte daher zwischen dem Jahr 2050 und 2070 die Christen als größte Religionsgemeinschaft ablösen.

Ob sie diese numerische Stärke in politische Macht ummünzen kann, ist dennoch fraglich. Dafür spricht die Theorie der Jugendüberschüsse von Gunnar Heinsohn. Weltgeschichtlich betrachtet, haben die überzähligen, jungen Männer immer durch ihre kriegerischen Aktivitäten eine Schneise der Verwüstung hinterlassen oder konnten ihre Energie positiv nutzen für Eroberungen und Innovationen. Beides wäre für Europa fatal. Wir werden hier schließlich an unserem wundesten Punkt getroffen, da wir keinen kollektiven Willen zur Selbstbehauptung mehr besitzen.

Gegen einen Machtzuwachs der islamischen Welt spricht jedoch das, was Rodney Stark in seinem neuen Buch über den Sieg des Abendlandes entfaltet. Er meint, nur das Christentum sei zur globalen Ausbreitung in der Lage und kompatibel mit der modernen Welt. Wer in den Genuß der Vorzüge der modernen Welt kommen will, könne streng genommen nur Christ oder Atheist sein.

Denn: „In Ermangelung der Freiheit wie auch des Kapitalismus verharren die islamischen Länder in einem Semi-Feudalismus und sind nicht fähig, die meisten im täglichen Leben benötigten Güter selbst herzustellen. Ihre Lebensstandards machen gewaltige Importe nötig, für die sie mit Geld aus Öl-Geschäften bezahlen, so wie die Spanier sich gerne an den Erzeugnissen anderer Nationen erfreuten, solange diese sich mit Gold und Silber aus der Neuen Welt bezahlen ließen.“

Diesem Ressourcenfluch werden viele afrikanische und arabische Staaten vermutlich selbst dann nicht entkommen, wenn die USA in den nächsten Jahren zum wichtigsten Öl-Exporteur aufsteigen sollten. Denn die moderne Weltwirtschaft ist auch auf andere Rohstoffe angewiesen, die nur in „Entwicklungsländern“ günstig zu haben sind.

Das könnte mittelfristig zur Zementierung des aktuellen Kräfteverhältnisses beitragen: Die islamische Welt kann sich aus religiösen Gründen nicht in die Moderne katapultieren und sie findet darüber hinaus ökonomische Rahmenbedingungen vor, die schwungvolle Innovationen ebenfalls erschweren. Es könnte deshalb darauf hinauslaufen, daß sie weiterhin nur in der Produktion „radikaler Verlierer“ (Hans Magnus Enzensberger) Weltspitze ist.

Dem Christentum dagegen könnte es mit der ihm eigenen Anpassungsfähigkeit gelingen, die Vernünftigen zu begeistern. Darauf hofft zumindest Rodney Stark, was mich – wie bereits in meinem ersten Artikel angedeutet – irritiert. Denn sowohl die zurückliegenden Jahrzehnte als auch die Prognosen für die nähere Zukunft widerlegen diesen Optimismus: Das Pew-Institut rechnet mit 106 Millionen Christen, die bis 2050 ihren Glauben aufgeben. Währenddessen dürften nur 40 Millionen Konvertiten gewonnen werden.

Der Islam legt derweil aufgrund von Konversionen zusätzlich zum Faktor der höheren Geburtenrate zu. Als Religion der Stärke und Eindeutigkeit ist er attraktiv für Menschen, die sich aus welchen Gründen auch immer verloren fühlen. Das christliche Abendland kann dem nur dann ein stimmiges Identitätsangebot entgegensetzen, wenn es zwar anpassungsfähig und modern in der Ansprache bleibt, aber bei der inhaltlichen Ausgestaltung weniger kompromißbereit auftritt als die EKD.


Rodney Stark: Der Sieg des Abendlandes. Christentum und kapitalistische Freiheit.

Das Mittelalter, die menschheitsgeschichtlich gigantische Epoche zwischen dem 6. und dem 15. Jahrhundert, soll also „finster“ und „dumpf“ gewesen sein? Eine Karenzzeit der geistigen, kulturellen und lebenspraktischen Stagnation, die erst durch Reformation und Aufklärung beendet werden konnte? Alles Unfug!

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