Der schönste Bau der Christenheit

Redaktioneller Beitrag vom 8. November 2019.

… als den Jacob Burckhardt das Freiburger Münster beschrieben hat, steht inzwischen in der falschen Stadt. Diese weiß nämlich rein gar nicht mehr wertzuschätzen, was in den gotischen Mauern ihres architektonischen Herzstücks drinsteckt: christliche Demut, Hingabe, Kraft und Ausdauer. Über dreihundert Jahre, zwischen 1200 und 1513, hatten Generationen von Freiburgern an diesem Bau gearbeitet. Während des Bombenhagels vom 27. 11. 1944 war er wie durch Wunderhand als praktisch einziger in der Innenstadt unzerstört geblieben. Sogar die Turmuhr von 1851 läuft unausgebaut bis zum heutigen Tag. Dagegen hat es bloße 50 Jahre gebraucht – wir nehmen 1968 als spätesten Startschuß für die Dekonstruktion jeglicher alter Wertbestände –, um die christliche Konstanz praktisch völlig auszulaugen und als Antiquiertheit hinzustellen.

So erfahren wir heute, daß die Stadt Freiburg das Aufstellen eines Weihnachtsbaums am Grenzübergang zur Schweiz untersagt. Der Grund: es könnten ja andere Religionsgemeinschaften sich benachteiligt fühlen und ihrerseits die Anbringung von Feiertagssymbolen fordern. Und dem müßte man sich dann natürlich fügen. Wie stünde die Stadt andernfalls vor den pawlowschen Gleichheits-Sabberhunden der Polit-Mediokratie da?

Wir machen einen Vorschlag. Nein, nicht erneut feige die Worte zensieren und den Weihnachtsbaum nun etwa „Jahresendnadelgehölz“ nennen; es gibt schon mehr als genug windelweiche „Lichter- statt Weihnachtsmarkt“-Umbenennungen. Und da wir das Münster nur schwer aus der Stadt herausbekommen, belegen wir diese nun mit einem Besuchsboykott. Ja wir rufen hiermit sogar zu diesem auf. Städte, an deren Demarkation zur Adventszeit kein Christbaum mehr stehen darf, sollte man ebenso wenig betreten wie einen Garten ohne Unkraut. Aber einen letzten, und zwar feierlichen Besuch wollen wir uns gönnen, und alle Kassiber-Leser mögen es uns nachtun: am 24. 12. werden wir zur Mitternachtsmesse im – selbstverständlich ungeheizten – Münster stehen. Wir werden niederknien, wir werden singen, wir werden beten und das einzig wahre, in den uralten Mauern wie ein unvergleichlicher, stiller Geruch sitzende christliche Pneuma in unseren Geist und unsere Glieder wandern lassen.

Und dann wollen wir mal sehen, was weiter trägt: die Beseelung durch einen Atem, der größer ist als unser eigener, oder der laue Mief des Gegenwarts-Chauvinismus.

(Foto: Jacob Burckhardt vor dem – wenngleich Baseler – Münster 1878)

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