Kurzintervention zum Rassismus.

von Felix Menzel vom 17. Juni 2020.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat kürzlich zum besten gegeben, daß der Rassismus auch in Deutschland „mordet“. Es reiche deshalb nicht aus, „kein Rassist“ zu sein. Vielmehr müßten wir uns alle zum Antirassismus bekennen.

In diesem Zusammenhang betrachtet es Steinmeier als „legitim“, über eine Änderung des Grundgesetzes nachzudenken. Stein des Anstoßes ist Artikel 3, Absatz 3, wo es heißt: „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“

Wer es noch nicht gemerkt hat: Das ist selbstverständlich ein antirassistischer Passus. Die Antirassisten, die sich nicht mehr trauen, das Wort „Rasse“ auszusprechen, schießen sich damit womöglich selbst ins Knie, da sie an ihrem eigenen Feindbild sägen. Es spricht daher einiges dafür, daß ihre obsessive Sprachkontrolle auch nach hinten losgehen kann.

Doch zugegeben: Ich selbst vermeide den Ausdruck „Rasse“ ebenfalls. 2014, als PEGIDA ein kleines, politisches Erdbeben auslöste, fragte mich eine BBC-Radiojournalistin in einem Gespräch, warum ich mich zieren würde, das Wort „race“ zu verwenden. In ihrer Heimat habe damit niemand ein Problem. Daß diese Betrachtung etwas naiv ist, belegt indes ein Blick in die Bücher von Roger Scruton. In Von der Idee, konservativ zu sein betont er, der Rassismus-Vorwurf werde inzwischen „routinemäßig“ gegen jeden vorgetragen, der „den Werten der westlichen Zivilisation beipflichtet, sie unterrichtet und aufrechterhält“.

Die „tiefe Unwahrheit“ dieser Argumentation bestehe darin, daß „Rasse und Kultur identisch seien, obwohl sie tatsächlich nichts miteinander zu tun haben“. Worauf Scruton hinauswill: Wie es das Grundgesetz festhält, ist die Verkürzung des Menschen allein auf seine Biologie unvereinbar mit den Errungenschaften der Aufklärung und folglich auch mit einem aufgeklärten Konservatismus. Darüber herrscht, außer bei einigen Wirrköpfen, Einigkeit. Martin van Creveld bemerkt dazu allerdings, daß diese Bewertung, der er sich anschließt, nichts an der Langlebigkeit des Rassismus ändern dürfte. Er bestehe seit jeher und bisher seien alle egalitaristischen Umerziehungsmaßnahmen krachend gescheitert.

Für Scruton ist der entscheidende Punkt noch ein anderer: „Sobald wir Rasse und Kultur voneinander unterscheiden, ist der Weg offen zur Anerkennung dessen, dass nicht alle Kulturen gleichermaßen bewunderungswürdig sind, und dass nicht alle Kulturen bequem nebeneinander existieren können.“ Wir können und dürfen also als Europäer sehr wohl ein negatives Werturteil über Kulturen abgeben, die z.B. ihren Frauen vorschreiben, eine Burka tragen zu müssen. Ebenso dürfen wir darauf hinweisen, dass Schwarze in den USA überproportional häufig kriminell in Erscheinung treten.

Wer diese Werturteile und Wahrheiten per Rassismus-Vorwurf verbieten will, zielt auf die Gleichmacherei aller Kulturen und nicht nur aller Ethnien bzw. „Rassen“ ab. Daß dabei auf einmal auch Philosophen wie Immanuel Kant von Historikern mit Hygienefimmel wie Michael Zeuske an den Pranger gestellt werden, zeigt die Stoßrichtung der ganzen Debatte.

Der antirassistische Denkmalsturm stürzt sich auf die kulturellen Überbleibsel des alten Europas. Erschreckend daran ist aber vor allem, wie wenig Gegenwehr es gibt.

(Bild: Immanuel Kant, gemeinfrei)


Martin von Creveld: Gleichheit. Das falsche Versprechen.

Die längste Zeit lebten Menschen auf dieser Erde, denen jeder Begriff von Gleichheit fehlte. Bis zum heutigen Tag gibt es viele Gesellschaften und Völker, die allein vom Prinzip der Ungleichheit regiert werden. Dass die Idee der Gleichheit in die Welt trat, war daher keine Selbstverständlichkeit. Noch weniger dürfen wir für selbstverständlich ansehen, dass Menschen ihr Zusammenleben nach der Gleichheitsmaxime zu ordnen bemüht sind. Auch wenn heute das Gleichheitsdenken in den multikulturellen Demokratien des Westens für die gesellschaftlichen Diskurse beherrschend geworden ist. Zwar liegt mit den griechischen Stadtstaaten der erste große Gleichheitsversuch der Menschheit mehr als zweitausend Jahre zurück. Eine Kulturgeschichte der Gleichheit ist aber bislang nicht geschrieben worden.

Egon Flaig: Was Nottut. Plädoyer für einen aufgeklärten Konservatismus.

Die Demokratie, so entnimmt man dem kurzatmigen Krisengerede, sei eine akut gefährdete und somit besonders zu schützende Spezies. Fahrlässig ausgeblendet wird dabei die Erkenntnis, dass die westlichen Gesellschaften sich seit Jahrzehnten in einer tiefgehenden, geradezu selbstzerstörerischen Krise befinden – haben sie es doch nach den politischen Katastrophen im frühen 20. Jahrhundert versäumt, sich ihrer selbst, d.h. ihrer republikanisch-liberalen Tradition, bewusst zu werden. Die für die Lage Europas so folgenreichen Zäsuren von 1989 oder 2015 sind weitere sinnfällige Wegmarken ihres Dilemmas.

Roger Scruton: Bekenntnisse eines Häretikers.

Während der Zeitgeist einmal mehr nach Utopia entwischt, betrachtet Roger Scruton die sitzengelassene Gegenwart: in zwölf Essays denkt er nach übers Regieren, Bauen und Tanzen, über das Sprechen vom Unsagbaren, über Trauern und Sterben, darüber, wie so getan wird, als ob, wie Leute sich hinterm Bildschirm verstecken, wie Tiere geliebt und Etiketten geklebt werden, über das Bewahren der Natur und die Verteidigung des Westens.

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